Januar 27, 2025

Du kannst Stolz auf dich… Nein

Ich reagiere sehr empfindlich und reaktant (fancy Wort für Erwachsenen-Trotz) auf Lob. Oft sogar macht es mich richtig wütend. Heute habe ich besser verstanden, warum: ich habe das Gefühl, es macht meine Lebensrealität sowie die Motivation, warum ich Dinge tue, unsichtbar und füttert Ideale der Leistungsgesellschaft und des Kapitalismus.

Natürlich meint das niemand so. Aber mir hilft es auch nicht, dass mir dann gesagt wird dass das mich ja als Mensch nicht wertvoller oder besser macht was ich leiste. Das Konzept Lob ist für mich so massiv von einer Kindheit als “begabtes” Kind vergiftet. Denn mein ganzer Selbstwert basiert eben darauf was ich leisten kann. Das war nicht gewollt von meinen Eltern, aber ist trotzdem exakt so raus gekommen.

Und jetzt, wenn jemand mich lobt, fühlt es sich an wie ein Gummibärchen in den Mund geschoben zu kriegen, nachdem ich mich Jahrelang damit vollgestopft hatte bis mir schlecht war und ich Bauchweh hatte: Es schmeckt nicht mehr. Auch nicht, wenn ich nur eins Esse. Auch nicht, wenn ich sonst schon eine gesunde, füllende Mahlzeit hatte. Mein Körper weiss einfach instinktiv, das tut mir nicht gut, so wollen wir uns nie wieder fühlen.

Betrachtet man meinen Workaholism, der mich so chronisch körperlich krank gemacht hat, als die Sucht, die er ist, wird logisch das meine Reaktion auf Lob heute richtig doll gesund ist. Es ist gut, das bei mir da alle Alarmglocken schellen.

Was ein Problem darstellt ist, dass es sich so massiv grenzüberschreitend anfühlt, gelobt zu werden, und die Wut die dann hoch kommt schwierig zu händeln ist. Ich muss einen Weg finden, mit diesem Trigger umzugehen und soziale Interaktionen elegant zu beenden. Denn es ist nicht immer und überall angemessen oder auch nur schon zu meinem Vorteil, wenn ich eine Grundsatzdiskussion über den Einfluss von Ableistischer Leistungsgesellschaft in meiner Kindheit anfange.

Und unten drunter liegt trotzdem noch ein anderes Problem: Ich muss lernen, die sehr wichtige Botschaft – nämlich das meine Leistung nicht meinen Wert ausmacht – zu verinnerlichen. Wenn diese Wunde irgendwann heilt so gut es möglich ist, dann sticht da nämlich auch nichts mehr, wenn von aussen was an die Stelle kommt.

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