Ich sitze auf dem Wohnzimmerfussboden und lege Gegenstände auf die Küchenwage. Ich habe meine Antwort bekommen. Die letzten Tage hab ich mich immer wieder gefragt, ob ich verrückt bin oder es werde. Ich frage mich das gerade nicht mehr. Es ist schlichtweg nicht relevant. Ich werd da draussen nicht alleine sein. Ich werde dem Impuls wiederstehen, drölfzig tausend Sachen noch schnell zu bestellen, damit es auch ja alles gut kommt und ich für jeden erdenklichen Fall der Fälle abgesichert bin. (ausser vielleicht also so diese eine kleine Sache wäre doch wirklich Sinnvoll, wisst ihr?)
Ich muss noch eine Tasche für die kleine Gitarre nähen. Die Bratsche in ihrem Koffer mitzuschleppen – zu heikel, die ist unersetzlich. Ohne Instrument reisen, undenkbar. Nehme ich Medikamente mit? Ich bin mir unschlüssig. Ich muss mich wirklich aufs nötigste beschränken wenn ich es tragen können will.
Die Hängematte ist fast so schwer wie das Zelt. Sie bleibt zuhaus. Das Zelt, kaum mehr als ein Tarp mit Boden, es kommt mit – ein leichteres Tarp zu finden wird schwierig und Isomatte wird keine mit laufen. Lange Zeit nass sein ist stressig. Dichte Schuhe besitze ich doch eh nicht. Den Gaskocher? Oder doch lieber die Räucherschale, Teelichter und Spiritus für in die leeren Hüllen? 600 Gramm Ton. Der Gaskocher it is.
Fuck bin ich müde. Will ich das überhaupt? Umherziehen, draussen sein? Es wirkt jetzt schon so anstrengend. Oder liegt das etwa an den knapp 6 Stunden Schlaf. Hmpf. Ok, ich geh bestimmt gleich zurück ins Bett.
Ich habe doch noch eine Gitarrentasche bestellt. Jetzt noch eine dichte aus Leder nähen – und einen so langen Reissverschluss dafür zu besorgen – das wäre anstrengend, sehr. Und – just in case – eine Powerbank die ein faltbares kleines Solarpanel hat. Ein kleines Stück Sicherheit damit ich weiss, ich kann nicht ohne Strom und Kontaktmöglichkeit für den Notfall irgendwo festhängen. Die Erfahrung hab ich mit 15 mal gemacht mit meinem Mini-Klippensturz. Dass ich mich damals ne Stunde ausm Wald schleppen musste in dem Zustand macht mir bis heute Rückenschmerzen, daraus habe ich gelernt. Heute wäre es anders, heut würd mich niemand allein zurücklassen – aber auch niemand würde nach mir suchen und mich abholen können wenn ich von nem Passanten-Handy aus anrufe.
Ich lese deine Nachricht nochmal. Du sprichst das aus, was mein Stückchen Wahnsinn, das Ich, welches glaubt nicht sein zu können ohne dich, im Dunklen flüstert. Vielleicht fahr ich nicht zu – mit – dir weil ich dich brauche. Vielleicht zieh ich mit dir um dir zu zeigen dass du – wir – uns nicht brauchen. Dass wir da sind, auch wenn wir uns nicht sehen. Aber müssen wir immer das tun, was unsere Angst sagt tu es nicht, es tut weh, um sie zu besiegen? Ich glaube nicht. Sie zu bekämpfen ist auch sie zu bestätigen.
Solange wir uns nicht davon zusammenhalten lassen dass es weh tut auseinander zu gehen. Es wird schwierig rechtzeitig zu gehen, um mich nicht zu verlieren. Ich will es versuchen. Aber ich weiss ich werde gehen können, sobald ihr euch in mir verliert. Und etwas in mir weiss, das ihr auch gehen werdet wenn ich mich verliere – wie ihr es auch schon getan habt. Da wird Mut sein und tiefe Intuition die uns beide leitet. Grade zieht ihr an mir auf eine Art wie ich es fürchte das es mich zerreisst, mir so tief mein innerstes zeigt. Was geschieht, wenn es das tut?
Wie der Phoenix aus der Asche, sagt die Intuition mir. Vielleicht wird es uns jedes Mal zerreissen zu gehen. Ich kenne das. Eines Tages ist Ruhe, und wir brauchen nichts mehr voneinander. Es ist egal ob es morgen ist oder wenn wir 80 sind. Unsere Geschichte ist noch nicht zu Ende und ich will sie weiter erfahren, so dringend.
Wollen, wagen, nicht wollen wollen aus Angst, zu viel zu wagen. Uns wagen. Alles wagen? Es fühlt sich so an. Mit jeder Partnerschaft bin ich gefühlt dem Wahnsinn ein Stück näher gekommen, dem Kern des unerträglichen Schmerzes, des sein oder nicht seins. Es fühlt sich an wie ein Endkampf. Ich will mich ihm stellen, nicht versuchen drum herum zu balancieren, es geht nicht, ich kann nicht wieder weg laufen bis ich daran kaputt gehe oder alles dumpf wird und einfriert. Ich will mitten durchs Feuer zu mir, will mich befreien von den Fesseln die Angst und Schmerz mir umgelegt haben. Denn der Wahnsinn liegt genau darin, was ich glaube, nicht denke, und ich will ihm begegnen, denn ich kann ihn mit Logik nicht besiegen, muss ihn erfahren, durchleben, und auf der anderen Seite der Feuertaufe wieder raus kommen, als ich, auch wenn mich niemand sieht. Mich endlich annehmen. Alle anderen annehmen können?
Vielleicht geht alles schief und ich sende den nächsten Tweet oder Blogpost aus einer Psychiatrischen Klinik. Patientenverfügung werde ich aufsetzen bevor ich los ziehe – man weiss ja nie. Aber ich bin fertig mit weglaufen. Endkampfmusik bitte, marsch.