Oktober 8, 2025

So sicher wie die schweizer Bank

Ich habe nie gelernt Angst zu halten. Entweder, man kann sich Hilfe holen, sich dem Problem alleine stellen, oder man ignoriert es solang es geht. Ich ignoriere meine Angst vor Faschismus geflissentlich. Bringt ja nix Angst zu haben, ich hab keine Kapazitäten ernsthaft was dagegen zu tun. Wenn ich mich dieser Angst zuwende, dann legt mich das ja vielleicht komplett lahm. Und bisher ist – zumindest in der Schweiz, wo ich eben Staatsbürger bin – ja nichts passiert, was mich tatsächlich gefährden würde. Die Schweiz ist so ziemlich eines der sichersten Länder, davon bin ich überzeugt, denn mit dieser Angabe bin ich gross geworden (ach, überall sonst ist es aber auch gemeingefährlich, da muss man schon sehr gut aufpassen nur schon Urlaub zu machen! Man darf niemandem trauen! Die wollen alle nur dein Geld!!!).

Aber nun ist es wie es eben ist wenn man in einer sicheren Burg sitzt, während ringsrum gebrandschatzt wird. Sie wird zum Gefängnis, und diese Burg hat leider Grenzen, und die bewache nicht ich, und die Dinge, die mir wirklich wichtig sind, kann ich in der Burg vermutlich niemals tun, und die Menschen, die mir etwas bedeuten, kann ich aus verschiedenen Gründen nicht mit in die Burg nehmen für immer und mich da verschanzen. Das ist so bisschen Kacke und führt dazu, das ich mich auf einmal betroffen fühle von Gefahren, die mich noch gar nicht – oder vermutlich lange noch nicht – persönlich betreffen.

Dem gehe ich im Alltag mit gepflegter Ignoranz aus dem Weg. Aber so etwas wie diese Chatkontrollsache… Naja unpraktisch. Mein Gehirn verkettet das dann spontan so:

-> das kommt durch, sichere Kommunikation, grad in der „linksextremen Szene“, ist kaum mehr möglich -> viele Kontakte werden sich verlieren, nicht mehr erreichbar sein -> ich bin oft zu krank um in Besetzungen oder kommunalen Orten zu sein oder wo hin zu reisen -> ich kriege dadurch eh schon von vielem nichts mit und weiss dann auch gar nicht mehr wo hin und wieder Anschluss finden -> ich werde wieder ganz einsam sein und vergessen werden -> DOOOOM Tod und Verderben, kein sozialer Anschluss = Existenz wird massiv bedroht

Naja. Und ich kann mich jetzt nicht so richtig wehren dagegen. Rational ist mir bewusst, das ich deutlich grössere Probleme habe, aber konkret bewusst werden mir die eben, wenn ich das Gefühl habe das etwas was mir noch bisschen hilft – digitaler Kontakt – so gefährdet ist. Es ist für mich schlimm, Menschen nicht erreichen zu können, keinen Kontakt zu haben. Ich will schlussendlich einfach bei den Menschen sein. Es ist doch auch ein vollends unnatürlicher Zustand, wie vereinsamt und vereinzelt Menschen heutzutage sind. Grade… chronisch kranke, behinderte und psychisch kranke Menschen.

Meine Angst ist meiner Situation völlig angemessen. Der letzte Winter ging Richtung Trauma (was aber auh durch die bisherigen Traumafolgestörungen stark begünstigt wurde)

Ja, sicher ist die Angst die „alle anderen“ vor der Sache haben, weniger „egoistisch“ geprägt. Aber ehrlich gesagt kann und will ich grad nicht auch noch Angst für die ganze Welt stemmen. Kann ich überhaupt ernsthafte Angst um mich stemmen?

Trotzdem wird es weiter gehen. Ich muss weiter gehen. Ich sollte meine Angst nicht belächeln oder weg diskutieren oder einfach verdrängen. Aber shit – ich hab nie gelernt, sie einfach zu fühlen. Das ist wie Schwimmen lernen, oder? Irgendwann hat man doch bestimmt Vertrauen, nicht gleich zu ertrinken, richtig? Uff.

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