Über Wut und die Pandemie. Über sehr schwere Emotionen die überborden. Enthält konkrete Anschuldigungen an sämtliche Menschen, die ich kenne und nicht kenne. Als Special Guest tritt heute mein Childhood Abandonment und Medical Trauma auf.
Nachtrag: Dieser Beitrag ist vor allem Emotionen rausschreiben, nachdem ich recht stark getriggert wurde. Mittlerweile sind meine Gefühle schon wieder viel regulierter und ich kann mich wieder auffangen und tragen.
Ich habe wohl Corona. Zum 2. Mal. Und während ich im Bett liege, ewig erschöpft davon kurz im Nebenzimmer gelegen zu haben, denke ich über all die Nachrichten nach, die ich von meinen Vertrauten bekommen habe dazu.
Und da ist Wut. So unglaublich viel Wut über die Ignoranz.
Da ist kein bisschen Nachdenken mit bei. Kein bisschen Mitgefühl oder Reue, von Leuten die gute Chancen haben, mich angesteckt zu haben ohne es zu wissen. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich irgendwer in irgendeinem winzigsten Bisschen verantwortlich fühlt.
Das gibt mir das Gefühl, dass Menschen mich als vulnerablen Menschen gleich behandeln statt gerecht. Niemand meiner engen Freunde nimmt noch irgendwie Rücksicht auf mich oder andere vorerkrankte. Und es tut weh. Es gibt mir das Gefühl, dass in eurer Welt mal wieder kein Platz für mich ist.
Gute Besserung!
– wer weiss aber schon, ob und wann das besser wird? Wer war von euch das letzte Mal da und hat mir Wasser ans Bett und den Hund raus gebracht? Mich quasi ins Arztzimmer getragen als ich keine Kraft mehr hatte, auch nur zu sprechen?
Ich hoffe, du wirst bald wieder gesund!
– und damit hast du deine Pflicht ein guter Freund zu sein, auch schon erledigt. Das macht man so, man wünscht gute und schnelle Besserung. Und dann wartet man, bis die Person wieder ganz fit ist, ladet sie eine Weile nicht ein wenn sie länger krank ist, und denkt nicht weiter darüber nach
Ich hoffe, es geht schnell wieder weg!
– aber geht es weg, dass niemand mich schützt, das mein Leben und das so vieler anderer mit solcher Gleichgültigkeit behandelt wird? Kann ich vergessen, wer sich alles zu 0% verantwortlich fühlt dafür, dass ich jetzt wieder krank bin und wie drastisch es mein Leben wieder verändert, denn ich bin ja vulnerabel und da können Sie ja nichts daran ändern?
Nach 3.5 Jahren Pandemie fühlt sich das alles ganz anders an. Es fühlt sich an nach „Ah, wie nervig, du musst absagen“, nach „Oh, heul doch nicht rum, Corona haben ist doch normal“, nach „Das ist aber blöd dass es dir jetzt so schlecht geht, aber hör doch bitte jetzt auf mich damit vollzutexten und so dramatisch zu sein“, nach „Das ist aber unangenehm, dass du jetzt irgendwie findest, andere Menschen trügen dafür Verantwortung und sollten etwas verändern oder dir jetzt helfen“. Es fühlt sich an nach „Das ist MIR gesunder Person jetzt aber lästig, dass du vulnerabler Mensch existierst“.
Gerade triggert das so viel in mir. So viel von meiner frühkindlichen Prägung, das ganze Medical Trauma das aufgrund meiner ME-Erkrankung seit Jahren auf mir lastet. Die enorme Angst, was für einen Rückfall das wieder bedeuten kann. Es ist noch überhaupt nicht klar, ob das Cimetidin, welches letztes Mal so viel geholfen hat, wieder gleich oder gleich effektiv wirken wird.
Ich habe das Gefühl, wieder 9 zu sein und gegen tägliche Migränen aus der Hölle anzukämpfen, für die ich weder untersucht, noch behandelt wurde, denn ich war ja ein schwieriges Kind. Zu schreien vor Schmerzen, diesen Hass, diesen ungebändigten Hass all den Menschen gegenüber, die für meine Sicherheit und mein Wohlergehen verantwortlich waren, allen Menschen gegenüber, die durch ihr Verhalten oder ihre Position Macht über mich ausüben konnten.
Ich will um mich schlagen, wild, unaufhaltsam, alles um mich herum vernichten. Gehört werden von dieser verdammten Menschheit. Und wenn nicht von der ganzen, dann wenigstens von den Menschen, die sagen, sie würden mich lieb haben. Die sagen, dass ich ihnen wichtig sei. Aber ich sehe es nicht, ich spüre es nicht, ich fühl mich so verlassen, angelogen, verraten.
Der Umgang der Gesellschaft mit chronisch kranken und behinderten Menschen ist so ignorant. Ich habe so viele schlechte Erfahrungen gemacht. Mittlerweile bin ich wohl schon getriggert, wenn ich Leuten überhaupt sagen muss, dass ich krank bin. Weil es sich nie sicher anfühlt und meine Angst, nicht gehört zu werden, einfach immer zutrifft. Die einzigen Leute, die es verstehen und mich dann nicht triggern sind – oh wunder – andere betroffene. Leute, die wirklich wissen, wie es sich anfühlt dauerhaft eingeschränkt zu sein. Die von der Abhängigkeit und Hilflosigkeit wissen. Die von der Wut und der Bitterkeit wissen.
Wehe, mir kommt jetzt jemand mit irgendwas positivem. Einfach nö. Ich habe das Gefühl, das dient einfach immer nur der nichtbetroffenen Person, sich besser abgrenzen zu können. Sich gut und unbetroffen zu fühlen. Natürlich bleibt niemand, um die unangenehmen Gefühle mit mir zu fühlen. Mich ernstzunehmen, die enorme Gefährdung zu sehen, die ich immer wieder erlebe, die Angst, die das auslöst, den Schmerz – und zu sehen, dass ich trotzdem so unglaublich stark bin. Dass ich mich trage, nicht weil ich kann, sondern weil ich keine andere Wahl habe. Dass ich Kraft und Mut aus dem nichts manifestiere, auch wenn es längst unmöglich ist. Die Scheisse, in der ich sitze, einfach viel tiefer geht als sich von aussen erahnen lässt.
Das schlimmste: es macht mir grade fast mehr Angst, wenn ich schneller als letztes Mal wieder gesund werde. Weil mich dann noch weniger Leute ernst nehmen werden oder sich Gedanken um meine Gesundheit machen werden weil „du hast es ja gut überstanden“ oder whatever. Ich habe Angst, dass das erlebte Gaslighting für mich schlimmer sein wird, als die Erkrankung selbst, dass das meine Beziehungen und Freundschaften wieder viel nachhaltiger prägen wird. Dass es mir sehr schwer fällt, mit Leuten wieder eng zu sein, die mich nicht sehen, die nicht für mich da sind (vielleicht gar keine Chance mehr haben es jetzt zu sein weil sie sich schon viel früher zu einer unsafen Person gemacht haben aufgrund ihres Pandemiehandlings), die mir nicht helfen mich durch diese Scheisse durchzutragen.
Ich glaube, aus Sicht meiner Traumafolgestörungen ist das viel belastender als die Tatsache, das ich mit ein bisschen Pech wieder monatelang kaum etwas tun kann ausser vom Hund gestützt kurz in den Garten schwanken damit er pinkeln kann und danach den Rest des Tages Serie kucken, um nicht allein mit meinen Gedanken und Gefühlen zu sein.