CN Haustiertod, Trauma
Vor 1.5 Jahren kam ich sehr spontan auf die glorreiche Idee, dass wir Kaninchen anschaffen könnten. Damals hab ich meine 3 Partnerschaften noch als „bestimmt für lange Zeit oder immer“ gesehen, obwohl sie eigentlich längst am zerbrechen waren.
Als erstes gab es massiven Streit mit der Nachbarin, von dem ich mich noch immer nicht ganz erholt habe. Sie versuchte, mir die Haltung zu verbieten, mich zu manipulieren, wurde total übergriffig und unterstellte mir, ich könne mich ja eh nicht richtig um die Tiere kümmern weil das zu viel für mich wäre, zog ungelogen Vergleiche zu Nahostkonflikten weil ich mir die Kaninchen nicht verbieten lassen wollte.
Wir bauten also eine riesige Voliere, 17m2 Grundfläche, rein kam eine grosse isolierte Hütte und bevor alles fertig war, hatte ich schon 5 Tiere aus dubiosen Verhältnissen der schattigsten Kleinanzeigen gerettet. Meine Argumentation dahinter war, das ich anders als die meisten Leute die Kaninchen für ihre Kinder anschaffen, keine Erwartungen habe an die Tiere, und sie bei uns richtig toll viel Platz haben und das genau für scheue Tiere ein wirklich guter Platz zum landen ist. Erst alle in Quarantäne und dann, als die Voliere stand und die Tiere für die Vergesellschaftung schon in den Kistchen warteten, hatte ich es einfach zu eilig. Vom Grünschnitthaufen wanderte Gehölz ins Gehege zur Strukturierung.
Was mir dabei nicht klar war, war dass ich eine Eibe im Garten stehen habe. Ein gravierender Fehler, der nicht hätte passieren dürfen und uns wenige Tage später auch noch Besuch vom Veterinäramt bescherte, von unserer Nachbarin auf den Plan gerufen. Noch am selben Abend verstarben 2 der Kaninchen. Die restlichen 3 konnten wir unter fachkundiger Anleitung meines Geschwisters per Telefon zum Glück retten mit Zwangspäppeln alle 2 Stunden die ganze Nacht und den folgenden Tag, bis alle wieder von selber frassen, uns zerkratzten und bissen. Aber es war ein Schock für uns alle. Ich wurde wahnsinnig reaktiv, wenn jemand Türen für mich unerwartet öffnete – weil es ein Trigger geworden ist, es gab viel Streit und ich war ständig angespannt. Mit meiner Traumavorgeschichte ist es für mich einfach ein leichtes, mir neue Traumata zu holen auch bei Dingen die „normale“ Leute niemals so beeinträchtigen würden. Einige Monate später zogen 2 kastrierte Rammler dazu, denn die eine Zippe die ihre Schwester verloren hatte war recht einsam neben den kleinen Jungspunden.
Seit letztem Mai bin ich das erste Mal seit ich 14 bin single, und als ich im Herbst Corona bekam wurde es arg eng mit Tiere versorgen. Da ich keine Energie hatte, mehr Buddelschutz zu verlegen und eines der Kaninchen ständig abhaute und für Streit in der Nachbarschaft sorgte (ja ich habe Angst vor Konfrontationen mit der direkten Nachbarin, aber die Cops von gegenüber sind menschlich noch ein ganzes Stück unangenehmer wenn sie einen zusammenscheissen), zog der gute Herr Bauinspektor schlussendlich mit seiner Kumpeline zum Tierschutzverein um – die restlichen 3 Kaninchen blieben fortan in der Voliere. Wenigstens ging es da jetzt dauerhaft friedlich zu. Aber die Versorgung machte mir massiv Mühe und vor allem Rückenschmerzen, jeden einzelnen Tag.
Mittlerweile habe ich einiges automatisiert, meine Ansprüche an die Fütterung massiv zurückgestellt. Von 24/7 frisches Grünfutter, Idealzustand, zu „da, Luzerne/Strukturfutter für Pferde weil ihr alle 3 Heusorten nicht so richtig fressen mögt, da Fallobst ausm Garten für Winterspeck, da Saaten-Kräuter-Pferdemüsli, da Salat“. Ich habe mir überlegt, die restlichen 3 auch abzugeben – das war jetzt lange der Plan. Damit ich wieder mehr Energie für den Hund habe. Und dann habe ich den Hund abgegeben (aus vielen, komplexen Gründen, siehe Archiv für mehr unserer Geschichte). Plötzlich viel es mir unglaublich schwer. Obwohl ich im Schnitt täglich exakt 10 Minuten im Garten bin um sie zu versorgen. Es ist mir trotzdem irgendwie… wichtig.
Aber die lange Reise steht an. Jetzt hab ich noch ein neues Fahrzeug suchen müssen dafür. Und es ist wichtig, dass ich gehe. Aber es ist niemand mehr da, der sich dann um die Kaninchen kümmert. Doch mich selbst dazu zwingen, die Tiere abzugeben, auch wenn es sich zu früh und nicht richtig anfühlt? Es ist hart. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, Inserate zu schreiben oder Fotos dafür zu machen.
Was mich am Platz suchen am meisten beschäftigt, ist das ich mir nicht vorleugnen kann dass es besser wird für die Kaninchen. Selbst wenn sie hier nur in der Voliere sind, gibt es kaum wo solch grosse Gehege (ausser in Zoos vielleicht manchmal). 17m3 komplett gesichert, einen grossen Stall, diverses wenn auch nicht perfektes Futter. Und ich weiss, das selbst der riesige Garten wenn sie ihn komplett nutzen dürfen, eigentlich zu wenig ist. Tiere gehören in die Freiheit. Ich habe diese hier aus sehr wiedrigen Bedingungen geholt, und es fühlt sich an wie ein Verrat, sie an einen Platz zu geben wo sie weniger Freiraum haben werden. Auch wenn es draussen kaum mehr Futter gibt und der Garten eine Schlammbahn ist, möchte ich sie trotzdem so rasch es geht wieder raus lassen.
Ich habe vor einigen Tagen ein kleineres Aussengehege mit mobilen Zäunen in den Garten gestellt und gesichert, um die Tiere sicher wieder rauslassen zu können mit der Lichtsensor-Klappe. Heute habe ich entschieden, dass ich nochmal mehr automatisieren möchte an der Fütterung. Dann sollte es reichen, wenn jeden 2. Tag jemand kommt und das Gehege richtet. Zudem möchte ich schauen ob sich ein paar Kinder finden die Freude haben nach der Schule frisches Grünzeugs vorbei zu bringen. So sollte die Zeit für die Tiere gut und für mich einigermassen bezahlbar zu überbrücken sein. Und wenn ich im Sommer dann von meiner Reise heimkehre, habe ich auch wieder etwas zu tun – nämlich die Beete mit Kohlsorten für den Winter zu bestellen und den Schnecken den Kampf anzusagen.