März 22, 2024

Hätte er nur was gesagt

CN Suizid, Suizidalität, Selbstverletzung und Beschreibung davon, akute Kriese, Trennung

Ich hadere immer so sehr damit über meine Suizidalität zu sprechen. Von klein auf wurde mir immer nur gesagt: “Wir lassen uns von dir nicht erpressen.” Das war die Standart Antwort darauf, wenn ich meine Verzweiflung geäussert habe. Und dann die Vorwürfe. Bei jedem Klingeln hätte man Angst, dass es die Polizei sei die von meinem Suizid berichtet.

Die Stimme in meinem Kopf sagt, ich bin ein toxischer, grausamer Mensch, wenn ich über meine Suizidalität rede. Dass ich überhaupt diese Gedanken nur habe, um andere Menschen zu manipulieren.

Heute habe ich ein Pflaster abgerissen, das lange schon hätte ab müssen: ich habe mich mal wieder von einem Menschen getrennt, mit dem ich gehofft hatte, mein ganzes Leben verbringen zu können.

Und heute habe ich auch die Tür wieder aufgemacht, von der ich dachte, dass sie für immer zu bleiben würde – ich habe mich wieder selbst verletzt. Und es tat so unglaublich gut.

Ich habe auch nach Hilfe gefragt, bei einem Menschen der mir vor vielen Jahren schon das Leben gerettet hat. Allein, diese Nachricht zu schreiben hat wieder Zugang zu Gefühlen, zu Schmerz, zu ein klein wenig Hoffnung und Licht aufgemacht.

Gerade konnte ich das erste Mal seit Uhrzeiten so richtig heftig heulen. Ein bisschen von dem Schmerz spüren der da eigentlich ist, der Grund ist, das ich nicht mehr sein will.

Ich habe das Gefühl, dass es immer unpassend und zu belastend ist, wenn ich über meine Suizidalität spreche. In Therapie ist das ja nicht erlaubt, da muss man ja teils so tolle Anti-Suizid-Verträge unterschreiben. Weil nein, nein, Suizidalität, da gehört man ja auf eine geschlossene Station, brav sediert bis zum geht nicht mehr. Sowas will man nicht in ambulanter Therapie.

Die feinen Schnitte auf meinem Bein trösten mich mehr als alles andere was mir zugänglich ist. Sie sind nicht gefährlich, sie zeichnen nur eine alte Geschichte weiter auf meinem Körper. Dieser Schmerz ist jetzt da, er ist in 10 Sekunden noch da, und auch in 10 Minuten. Und auch Morgen wird er mir noch sagen du bist da und du existierst, du fühlst, du bleibst. Er flüstert mir leise zu dass es weiter geht. Dass Schmerz wo raus kann und nicht für immer in mir gefangen sein wird. Dass es Wege gibt. Es ist ein feiner Unterschied. Ich glorifiziere Selbstverletzung nicht. Ich versuche nur zu sehen, welche Bedürfnisse sie hier bei mir erfüllt und warum es vielleicht gerade für den Moment keine schlechte Lösung ist im Vergleich zu den verherenden Alternativen.

Und ja, welch ein triggerndes Unding, davon zu erzählen von meinem dringlichen Wunsch zu sterben. Aber wäre ich morgen nicht mehr da, würden sie es in einigen Wochen erfahren, sie würden doch alle das gleiche sagen: Hätte er nur was gesagt.

Auch wenn ich das voller Spott denke und eigentlich klar weiss, dass es richtig ist, mir Raum damit zu nehmen wenn ich so dringend Hilfe brauche wie es eben geht. Trotzdem macht es mich wieder traurig und einsam und gibt mir umso mehr das Gefühl, nicht zu passen, eine Last zu sein, zu viel zu sein, dass da kein Platz für mich ist, nirgends, wenn ich wirklich ich bin.

Und ich frag mich: klar würden sie alle das im Nachhinein lieber hören, als mich tot zu wissen. Aber hilft mir das davon erzählen auch tatsächlich beim nicht sterben? So viel, dass es das Leid und die Angst, die mein darüber sprechen auslöst, rechtfertigt? Würde mich das wirklich retten können? Was, wenn es einfach nichts hilft, ich aber trotzdem überleben würde, auch wenn ich es allen verschweige?

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