März 8, 2024

Kreuzritter

CN Trauma, toxische Männlichkeit, Machtmissbrauch, Unterdrückung, Gewalt, Christliche Symbolik

Heute arbeite ich ein Stück meiner Sozialisierung auf. Es geht um dich, Vater, falls du mitliest. Und warum du für mich der Inbegriff toxischer Männlichkeit geworden bist. Dass ich heute identifizieren konnte, dass du die Stimme in meinem Kopf bist, die jeglichen Schaden, den ich anderen Menschen zugefügt habe in meinem Leben, als berechtigt abgetan hat, diese Verletzungen befeuert hat im Namen unserer Grenzen. Der Kreuzritter, der zerstört unter einem Banner des Schutzes und Friedens, der von Güte und Gnade spricht gegenüber den Schwachen.

Du hast mein Bild von Stärke geschaffen, denn du warst, wovor ich als Kind am meisten Angst hatte. Hätte ich doch nur gewusst, dass der wahre Titel dieses Kunstwerkes “Machtmissbrauch” lautete. Das wolltest du bestimmt nicht. Du hast nur für deinen Selbstermächtigungsprozess auch keine andere Möglichkeit gefunden, als die Selbstermächtigung anderer zu unterdrücken. Ich bin so unglaublich wütend auf dich, dass ich das jetzt zu tragen habe. Du hast mich keine Stärke gelernt, du hast mich Machtmissbrauch gelernt. Und er prägt mich so tief in jeder Situation, in der ich auch nur ein klitzekleines Bisschen verwundbar bin.

Und du hast mich zu einem gefügigen Nachläufer gemacht. Einem, der vorauseifernd Zerstörung und Schmerz zufügt, angreift, verteidigt, Macht aufbaut wo er sie haben kann, um denen zu gefallen und um vielleicht Schutz und Anerkennung oder Stolz zu bekommen von ihnen, die mehr Macht als ich haben. Das ist das wiederliche Konzept auf dem unsere ganze verdammte Gesellschaft aufgebaut ist.

Es braucht auch heute oft nur einen einzelnen Satz, wie andere Menschen mit aggressiveren, invasiveren Methoden für die Einhaltung ihrer Grenzen oder die Erfüllung ihrer Bedürfnisse oder Anpassung an ihre Vorstellungen und Ideale fordern und schon stürmt er hervor, der Kreuzritter, den du gross gezogen hast.

Bereit alles nieder zu metzeln was ihm in den Weg tritt. Überzeugt von der eigenen Rechtschaffenheit, denn eine ganze Kultur steht dahinter, die Kultur der toxischen Männlichkeit. Doch ich bin nicht meines Glückes Schmied, wenn ich nur hart genug mit dem Hammer auf Dinge eindresche. Ich bin nicht souverän wenn es mir nichts ausmacht, Schmerz zuzufügen. Ich bin nicht selbstsicher, weil ich mich nicht hinterfrage. Und ich bin kein Anführer, wenn ich andere unterdrücke statt fördere und ihnen zu Erfolg verhelfe.

Ich will es dir ins Gesicht schreien. All das. Mit all der Wut, die ich in 22 Jahren gesammelt habe. Ich will sie dir geben, die Schuld, die Verantwortung die du tragen sollst, für die du endlich einstehen sollst. Ich will ihn dir am liebsten schicken diesen Text. Doch ich weiss, du hörst nicht zu, denn der Prozess, die eigenen Werte zu überdenken, der würde wahre Stärke erfordern. Vulnerablität und die Fähigkeit zu trauern, sich neben alle anderen statt über sie zu stellen. Und das sehe ich in dir nicht. Da steht dir dein Stolz im Weg.

Ich werde dich ab jetzt benennen, wenn ich dich in meinen Gedanken höre. Deiner Stimme in mir auflauern mit Reflektion und Achtsamkeit und mit wahrer Güte, so gut ich es kann. Und dir sagen;

Adé, Kreuzritter. Dein Kreuzzug ist zuende. Ich schaffe mir eine Welt ohne deine Rechtschaffenheit, mit wahrhaft heiligen Werten, ein Paradies auf Erden. So werde auch ich endlich Frieden finden.

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